Trauer ist systemrelevant
Liebe Malu Dreyer,
wir haben Sie auf unterschiedlichen Ebenen als Politikerin kennenlernen dürfen, die ein offenes Ohr und Engagement für die Bedürfnisse und Bedarf in unserm Land zeigt. Auch auf Trauerfeiern, die durch unser Team begleitet wurden, durften wir sie als empathischen Menschen kennenlernen. Daher hoffen wir auch in unserem heutigen Anliegen auf Ihre Unterstützung.
Wir wenden uns an Sie, um nachdrücklich eine Aufnahme in die Liste der systemrelevanten Berufe zu erwirken.
Zu Beginn der Pandemie mussten wir hinnehmen, dass wir keine bzw. nicht ausreichend Desinfektionsmittel, Nase-Mund-Schutz, Schutzbrillen, Einweginfektionshandschuhe und Schutzkleidung käuflich erwerben konnten, obwohl wir täglich mit dem Virus bei der Abholung und Versorgung von an/mit Corona-Verstorbenen und deren Angehörigen konfrontiert waren und weiterhin sind.
Eine zeitnahe Impfung aller Mitarbeitenden im Bestattungshandwerk muss gewährleistet werden, da wir tagtäglich der Ansteckungsgefahr ausgesetzt sind.
Aufgrund der Nichtzugehörigkeit zu den systemrelevanten Berufen sind Kolleg*innen mit betreuungspflichtigen Kindern im Bestattungshandwerk landesweit alleine gelassen.
Mit dem Tod endet Corona nicht! Unsere Arbeit fängt dann erst an. Die Begleitung der Verstorbenen und der Angehörigen ist ähnlich risikobehaftet, wie die Arbeit im Gesundheitswesen oder in der Altenpflege. Zudem stehen wir auf den Trauerfeiern wiederholt größeren Menschenmengen gegenüber – Menschen, die sich im emotionalen Ausnahmezustand befinden und die Vorsichtsmaßnahmen oftmals außer Acht lassen. Dies gilt auch für unsere Kolleg*innen in den Krematorien und auf den Friedhöfen.
Es erschließt sich uns nicht, dass Mitarbeitende im Bestattungshandwerk in Bayern, Baden-Württemberg, Bremen, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Thüringen und nun auch in Sachsen zu den systemrelevanten Berufsgruppen gezählt werden, während uns in Rheinland-Pfalz dieser Status verwehrt bleibt.
Bei dieser Gelegenheit möchten wir uns bei Ihnen für die Unterstützung bedanken, die wir bei der Gesetzesänderung hinsichtlich der Bestattungsfristverlängerung für Beisetzungen in Rheinland-Pfalz erhalten haben.
Sowohl die Angehörigen als auch unsere Netzwerkpartner*innen (u.a. Friedhofsverwaltung, Pfarrer*innen, Trauerredner*innen) teilen uns mit, dass die Fristverlängerung zu einer Entlastung geführt hat. Für die Trauerfamilien ebnete diese Gesetzesänderung den Weg für einen würdevolleren Abschied, da Zeit bleibt, die Schritte des letzten Weges bewusster zu gehen.
Mit freundlichen Grüßen
Sigrun Baum
mit dem gesamten Team von Grünewald * Baum Bestattungen GbR