Buchvorstellung von KARIN JERUSALEM, Mainz:
Ein schmales, berührend stilles Buch. 73 kleine Kapitel erzählen von den kleinen Geschichten des Alltags. Ein Jedes steht für sich und doch ergeben alle zusammen ein wunderbar farbiges Mosaik.
Es ist die Geschichte vom Kind und der Großmutter; der Platz des Großvaters ist leer, dennoch ist der Abwesende immer und überall ein Anwesender. Bilder von einem kleinen Dorf in den Bergen des Engadin wechseln sich ab mit Erinnerungen
an den Großvater in Tamangur, an Eltern, deren Abwesenheit auf eine tiefe Leere verweist, an den kleinen Bruder, der mit dem Fluss verschwand. Aber auch bunte Erinnerungsbilder von fernen Reisen mischen sich unterheitere Alltagsszenen. Namen haben nur Elsa und der verflossene Elvis. „Sie liebt Überraschungen. Genau deshalb kommt die Elsa einmal in der Woche zum Kaffee oder zum Essen.“ Auch ihre Erzählsteinchen passen wundervoll in das Mosaik.
Tamangur liest sich wie ein Gedicht. Leta Semadenis poetische Sprache gibt ihren Figuren allen Freiraum, damit sie sich entfalten können. Die Erzählperspektive ist die des Kindes und durch sie findet die Realität ebenso wie die kindliche Phantasie ihren Raum.
Tamangur ist ein viel zu schönes Buch für einen müden Kopf, deshalb habe ich es an einem Donnerstag Abend beiseite gelegt, um es am Sonntag wieder hervor zu holen und nach dem Auftauchen aus 143 Seiten ist Tamangur nun mein erstes „Sonntagsbuch“!
„Die Erinnerung ist weit weg von der Wahrheit. Aber sie macht glücklich.“